Direct 2 Consumer – der Kampf um den Kunden

Co-veröffentlicht mit consulting.de

Marken und Hersteller wenden sich immer häufiger direkt an Endkonsumenten und gehen nicht mehr den Weg über den Handel oder andere Distributoren. Der aktuelle Werbetracking-Streit zwischen Facebook und Apple geht ebenso um diesen direkten Zugang zum Kunden wie der Wettlauf um die Daten-, Kontakt- und Kommunikationshoheit im fahrbaren Device zwischen der traditionellen Automobilindustrie und Digital Pure Playern wie Google. Der Kampf um den direkten Draht zum Kunden ist voll entbrannt.

Brave new world – alle profitieren
Die Beherrschung der direkten Kundenverbindung lohnt sich: über die direkte Interaktion mit dem Endkunden wird First Party Data generiert und der Kundenkontakt und die damit verbundenen Interaktionen können direkt gesteuert werden. Daneben lernen auch die Kunden immer mehr, sich direkt an den Hersteller zu wenden und eine multifunktionale Interaktionsebene zu ihm aufzubauen. Der direkte Zugriff auf aktuelle Echt-Datenbestände der Kundeninteraktionen hat erstmal für beide Seiten Vorteile. Unternehmen wie Kunden erhalten Daten von hoher Validität, Granularität sowie Aktualität und können darauf aufbauend ihre Beziehung im Zeitverlauf spezifizieren, differenzieren und vereinfachen. Es entsteht kein Drittparteiengeschäft durch Marktforschung oder Data-Trading mehr und dadurch kein Ausnutzen von Datenströmen für andere Zwecke als die individuelle Kunden-Anbieter-Beziehung. Sollbruchstellen in der Übertragung und Verarbeitung der Daten werden dadurch vermieden und das Vertrauen im Rahmen der Datenübertragung und -nutzung steigt.

Durch neue technische Möglichkeiten wie Edge Cloud Systeme wird die Leistungserbringung direkt an den Konsum- und Erfassungsort bzw. in die Anwendungsebene des Kunden integriert. Durch die Verbindung von derartigen Systemen mit IoT entstehen liquide Netzwerke, die eine temporäre Unabhängigkeit vom zentralen Digitalkern bieten – ohne dass die Datenkonsistenz verloren geht oder die Latenzzeit zwischen Dateneingabe und Handlungsreaktion steigt. Daraus resultiert eine Leistungsunabhängigkeit am Point of Care, eine Entlastung des Datenverkehrs, die Senkung der Übertragungs- und Infrastrukturkosten sowie eine erhöhte Nutzbarkeit von persönlichen Daten durch lokale Speicherung.

Wir wissen zuerst, was Du willst
Die so entstehenden Kundeninteraktionen werden durch die Ereignisanamnese analysiert, bewertet und gefiltert. Aufgrund dieser Filterung werden Standardanlässe von individuellen Anlässen getrennt und die Bearbeitung zumindest der Standardanlässe kann schnell und reibungslos automatisiert werden. Damit integriert sich der Hersteller tief in die Lebenswelt des Kunden und baut weitreichende und breitgefächerte Interaktionen mit dem Kunden auf. Durch die Vernetzung, Automatisierung und Selbststeuerung wird der Kunde zu einem integralen Bestandteil der Wertschöpfung der Hersteller (Customer Cross Business Integration).

Für die Steuerung der Interaktionsaufnahme und -durchführung wird oft keine menschliche Entscheidung mehr benötigt. Vielmehr generieren technologische Interaktionssysteme ihre eigene Lernkurve und steuern sich auch im Zeitverlauf selbst. Damit sind auch nach außen hin personalisiert wirkende Angebote autonom steuerbar. Die Angebote sind nicht nur autark von menschlichen Entscheidungen, sondern auch von einer zentralen technologischen Steuerung. Autark handelnde Produkt- und Service-Systeme sind hoch anschlussfähig für Application Interfaces und können so ihr eigenes (lokales) Ökosystem aufbauen.

Kunden als selbstbewusste Währung
Durch diese weitreichende und zumindest zum Teil autarke Integration wird die Kundeninteraktion aber auch zu einer Investition für den Anbieter, die sich auszahlen muss. Z. B. ist der Kundenservice nicht mehr nur Kostenpunkt der Verkaufsförderung bzw. Kundenbindung, sondern Profit Center zur Initiierung und Integration produktiver Wertschöpfung. Durch die Option datengetrieben und automatisiert zu lernen, werden Erlös- und Ertragspotentiale entlang der Wertschöpfungskette sichtbar und durch die Verkettung und Kombination der Angebote sowie das umfassende Abgreifen von Interaktionsanlässen ergibt sich ein hohes Interaktionsvolumen. Aufgrund dessen können durch intelligente Automatisierung Interaktionen selektiert und gezielt monetarisiert werden. Damit wird das Interaktionsmanagement zum festen Bestandteil eines originären Audience Based Geschäftsmodells.

Audience Based heißt aber auch, dass der Kunde sich seiner Wertschöpfungsfunktion bewusst wird. Er verlangt für sein Engagement in Form von Content, Kommentaren, Bewertungen, Netzwerken etc. nach wertvoller Kompensation. Er versteht, dass seine Nutzerkonfiguration als Konsummuster und sein Interaktionsvolumen einen hohen Eigenwert haben und setzt diese als Manövriermasse bei der Positionierung in der Wertschöpfungskette ein. Diese Freiheit und Selbstbestimmung, sich in den Wertschöpfungsprozess als eigenständiger Faktor einzubringen oder sich dessen zu entziehen, muss gewährleistet und geschützt werden. Dann kann D2C auch für den Konsumenten eine spannende neue Perspektive werden.