Local based Marketing in der
digitalen Welt

Auf den ersten Blick erscheint die Renaissance der lokal ausgerichteten Marktbearbeitung in Zeiten des e-Commcere und der digitalen Transformation als Anachronismus. Warum sollten lokale Besonderheiten ein erfolgsentscheidender Faktor sein, wenn sich der kommerzielle und soziale Sektor größtenteils in die digitale und damit lokal-unabhängige Welt verlagert?

Große regionale Unterschiede
Zunächst liegt die fortwährende Bedeutung des lokalen Marktes in den großen Unterschieden der einzelnen Regionen. Die Vermarktung von Angeboten in München unterscheidet sich immer noch maßgeblich von der Vermarktung in der Tiefebene Schleswig-Holsteins. Das liegt einerseits in der Qualität und der Reichweite digitaler Netze begründet, die in Deutschland sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Besonders auffällig ist diese Diskrepanz zwischen Ballungsgebieten und ländlichen Regionen. Aber selbst in Großstädten variiert z. B. die Erreichbarkeit der Haushalte durch High-Speed-Internet je nach Stadtteil erheblich. Andererseits unterscheiden sich auch stationäre Vertriebssysteme je nach Region: aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte sind stationäre PoS-Netze in ländlichen Gebieten nicht mehr effizient, in Großstädten hingegen lohnt sich sogar der Stadtviertel-orientierte Ausbau stationärer Handelssysteme wie z.B. Rewe-City.

Regionale Besonderheiten als Wettbewerbsfaktor
Die Optionen einen Multi-Channel Marketing-Mix aufzubauen sind demnach von regionalen Begebenheiten abhängig. Dadurch können Vertriebswege, die vorschnell als old fashioned gebrandmarkt wurden, wieder an Relevanz gewinnen. Darüber hinaus sind auch der Content, die Kommunikationsform und das konkrete Angebot lokalen Differenzierungen unterworfen. Das Bedienen lokaler Kundenansprüche ist nur aufgrund der Kenntnis lokaler Besonderheiten möglich und macht Marktkenntnis und direkte Reaktionsfähigkeit vor Ort zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor. Daneben spielen die Kosten für die logistische Lieferung von Waren in schwer erreichbare oder dünn besiedelte Gebiete eine entscheidende Rolle.

Lokale Aussteuerung des digitalen Commerce
Allerdings bedeutet die lokal-spezifische Aussteuerung von Marketing- und Vertriebsaktionen nicht die einseitige Rückkehr zu analogen Lösungen. Einerseits können e-Commerce, digitale Kommunikation und Social Media schon heute sehr gut lokal ausgesteuert werden. Darüber hinaus bieten neue Technologien wie Drohnen oder das Internet of Things Möglichkeiten unabhängige Netzwerke vor Ort aufzubauen, die digital bespielt werden können. Auch Distributionskonzepte wie die App-gesteuerte Lieferung von Waren durch Privatpersonen des amerikanischen Unternehmens „Postmates“ (Amazon und Uber planen ähnliche Dienste) oder die Vernetzung von Angebot und Nachfrage auf lokaler Ebene durch Apps wie „Shpok“ zeigen die Einsatzoptionen digitaler Kanäle im Local based Marketing auf. Hier stehen wir erst am Anfang einer revolutionären Entwicklung.

Die digitale Transformation revolutioniert den stationären Vertrieb

transformationDie digitale Transformation schreitet rapide voran und betrifft insbesondere auch stationäre Vertriebssysteme. Grundlage für eine komplementäre Integration von stationär-regionalen Vertriebssystemen in einen Multi-Channel-Vertrieb ist die systematische Analyse und Bewertung des Marktpotentials, der Performance und der Zukunftsfähigkeit von Standorten bzw. kompletten Vertriebsgebieten.

Kein isoliertes Nebeneinander von Online- und stationärem Vertrieb

Aufbauend auf dieser Analyse können ineffiziente Standorte und Point of Sales optimiert, in Multi-Channel-Vertriebe passgenau integriert und komplette Vertriebsstrukturen rationalisiert werden. Ohne diese systematisch marktorientierte Vorgehensweise droht ein oft sehr kostenintensives, isoliertes Nebeneinander von Online-Vertrieb und stationärem Vertrieb.

Transformation betrifft B2C- und B2B-Vertrieb

Die Transformationsanforderung betrifft sowohl den B2C- als auch den B2B-Vertrieb. Im B2C-Sektor erzielt der stationäre Handel momentan zwar noch über 80% der Gesamthandelsumsätze, steht aber vor allem im Bereich der Lead-Generierung unter einem enormen digitalen Transformationsdruck. Hier geht es also um die effiziente Gestaltung der Sollbruchstelle zwischen Lead-Generierung Online und stationärer Kaufabwicklung.

Im B2B-Sektor ist die marktpotentialbezogene Analyse des Performance-Levels von Standorten und Point of Sales im Rahmen der Reorganisation und Steuerung von regionalen Vertriebssystemen ein entscheidender Anwendungsfall. Aufgrund des Effizienzdrucks im Zuge der digitalen Transformation kann man sich stationäre Low Performer heute nicht mehr leisten und muss gleichzeitig die stationären High Performer stärken.

Stationärer Vertrieb als Basis der Multi-Channel-Transformation

Der unter Druck geratene stationäre Vertrieb ist demnach kein Auslaufmodell, sondern kann sogar die Ausgangsbasis für einen tragfähigen Multi-Kanal-Vertrieb sein. Im Gegensatz zu den von den Online-Verfechtern postulierten Untergangsszenarien wird der stationäre, regionale Vertrieb immer eine wichtige Komponente für die Kunden bleiben – nicht in der jetzigen Form und auf jeden Fall in Kombination mit Online- und Mobil-Lösungen. Erfindet sich der stationäre Vertrieb jetzt neu, hat er eine große Chance ein Treiber der Transformation zu werden.